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3.Wissenslexikon


Eine Zeit und noch eine Zeit. Zeitmarken der Bibel und ihre Rezeption

1. Einleitung: Geschichtliche Zeit

 

Die Bibel als Glaubensquelle ist für den Menschen seit der Auflklärungszeit verdächtig als eine Sammlung von Propagandaschriften.
Seitdem stellt sich historische und literaturkritische Forschung in den Dienst der Abwehr gegen ihre predigende Zudringlichkeit.
Historiker halten die Bibel auf Distanz, indem sie ihren historischen Kern prüfen, wobei vergleichende Literaturkritik eines ihrer Maßstäbe ist.
Vergleiche mit der Geschichtsschreibung etwa gleichaltriger großer Nationen
(so bei Gordon C. H., Geschichtliche Grundlagen des Alten Testamentes, Wiesbaden 1961 S. 32 f u.a.)
lassen das Heilige Volk mit seinen Stämmen eher kümmerlich erscheinen.
Berichte von großen Siegen und der Parteinahme Gottes für das kleine Volk können sie leicht aus kollektivem
Minderwertigkeitsgefühl erklären.
(Motto: „Es war ja alles ganz anders – und vor allem nichts besonderes“.)
Die folgenden zwei Beispiele fachinterner Diskussionen unter Historikern sind kein Beitrag zum Dialog zwischen
Wissenschaft und Glaube. Sie sollen zeigen, daß Beweisführungen im Stil „Die Bibel hat doch recht“ die Verständigung
zwischen Meinungsgegnern noch erschweren können.
Fraglich ist außerdem, ob die Anerkennung bestimmter Passagen der Bibel als historische Quellen bereits als
Öffnung für den Glauben gelten können. Zwei Beispiele von Auseinandersetzungen unter Historikern, von denen jeweils eine
Seite die historische Glaubwürdigkeit der Bibel retten will, zeigt

1. die vorwissenschaftliche Entscheidung der Streitenden für oder gegen den
Glauben,
2. die Unzulänglichkeit eines innerdisziplinären Dialogs für eine Verständigung
zwischen Wissenschaft und Glaube.

1.1 Die Entscheidung für oder gegen die historische Glaubwürdigkeit

der Bibel ist manchmal eine Sympathiefrage

1.1.1 F.X. Kugler SJ:
 Wie den Hypothesen über geschichtliche Ereignisse eine parteiliche Entscheidung vorausgehen kann, 
hat mir ein Buch besonders deutlich gemacht, das aus der Perspektive eines 
Gläubigen geschrieben ist, der sich wie seine Meinungsgegner historischer Analogieschlüsse bediente. 
Es hat unter den angegriffenen Historikern begreiflicherweise wenig Beachtung gefunden.
 Das Buch des Jesuiten F.X. Kugler 1910 geschrieben, hat es mit dem "Panbabylonismus" zu tun, einer Bewegung zur 
Zeit der Jahrhundertwende, die das, was die Bibel erzählt, wie alle anderen historischen Quellen des vorderen Orients, 
als reine Astrologie entlarven wollte, ohne jeden historischen Inhalt. 
Kugler, der selbst Astronom war, führte solche Geschichtskritik mit den anerkannten Mitteln seiner Epoche ad absurdum, 
indem er ironisch "bewies", daß das zu seiner Zeit noch lebende deutsche Kaiserpaar nicht real existierte, 
sondern daß seine astrologische Natur aus vorgegebenen Konstellationen geschlossen werden mußte.
Das war eine Demonstration zugunsten der Geschichtlichkeit der altbiblischen Berichte.

 1.1.2 Immannel Velikowski:

 Ähnlich wie F.X. Kugler SJ, trat in neuerer Zeit ein Historiker auf, der sich mit dem kläglichen Bild der ersten Bücher
 der Bibel als einer Familiensage, die zur Weltgeschichte aufgeblasen wurde, nicht abfand: Immanuel Velikowski. 
Selbst ein Außenseiter unter den Historikern, formulierte er kritische Anfragen an die Kritiker. 
Er stellte ihre Thesen als Übereinkunft von Halbwissenden bloß, wofür er von seinen Historikerkollegen entschlossen 

abgelehnt wird. Er versuchte nachzuweisen, daß die von ihnen aufgestellte Chronologie der antiken Welt unrichtig ist – und Ramses II nicht im 13., sondern im 7. vorchristlichen Jahrhundert lebte und mit dem Pharao Necho der Bibel (Jer 46.2) identisch ist. Wenn dies zutrifft, war sein Gegner in der Schlacht von Kadesch nicht der Hethiter Chattusilis, sondern der Chaldäerherrscher Nebukadnezar. Das ganze Hethiterreich ist für Velikowski ein von der Altertumswissenschaft erfundenes Geisterreich, seine Herrscher identifiziert er als die Großkönige der chaldäischen Dynastie von Babylon. Die von Altertumsforschern gepriesenen Kulturzeugnisse Kanaans sind für Velikowski Spuren des Königreiches Salomos, dessen Regierungszeit in den Tabellen der Ägyptologen um 400 Jahre rückwärts verschoben werden muß, wenn mindestens 400 Jahre ägyptischer Geschichte wegen mißverstandener Königsnamen doppelt geschrieben sein sollten, also gestrichen werden müßten. Dann wäre auch der Besuch der Königin von Saba am Hofe des Salomo kein Größenwahn einer subalternen Kultur, sondern Geschichte; dann wäre die Königin von Saba identisch mit der Königin Hatschepsut. Auch dies ist eine Parteinahme für die historische Glaubwürdigkeit der Bibel.

1.2 Kunst und Anthropologie kommen dem Zeitverständnis der Bibel näher

Von einem Vergleich von Zeittafeln ist nicht zu erwarten, daß die Bibel ihre einstige Autorität als unangefochtene Quelle geschichtlicher Wahrheit wiedergewinnt. Es käme zu einem Exklusivgespräch unter Historikern. Und für diese ist die Bibel ein besonders spröder Gegenstand. Biblische Genealogien und Gleichzeitigkeitsvermutungen Rassen nicht in eine lineare
Zeitstruktur.
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1.2.1 Poesie

Eine alternative Möglichkeit, die Zeitaussagen der ersten Bücher der Bibel ernst zu nehmen, obwohl sie sich nur teilweise und unpräzise in Zeittafeln einordnen lassen, ist die poetische: „…der einzige Weg, in die historische Kausalität einzudringen, ist der Weg des Künstlers, ist das schöpferische Erlebnis,“ generalisiert Egon Fridell, (Kulturgeschichte der Neuzeit, München 1927 S.9). Wer will sich dieser apodiktisch formulierten Maxime anvertrauen? Eines leistet die Aufnahme bilischer Geschichte als Dichtung schon: ihre Harmonien und Disharmonien, ihre Schönheiten und Häßlichkeiten können ganzheitlich erfahren
werden. Der Leser und Hörer kann in tieferen Schichten seiner selbst, als es die rationalen sind, Übereinstimmungen und Disharmonien wahrnehmen. So kann er prüfen, ob die Texte eine Nachricht für ihn enthalten.  Daß Kunstwerke keinen
Glauben beanspruchen, wird manchem den Umgang damit leichter machen. Was z.B. Thomas Mann in seiner Trilogie „Joseph und seine Brüder“ über den „Brunnen der Zeit reflektiert, greift auf jahrhundertealtes Wissen jüdischer
Weisheitslehren zurück. Der Autor nutzt aber die unangreiflbare Position des Dichters in der Kulturlandschaft, um ungefährdet als aufgeklärter Mensch das in großer Sprache aufbereitete „Artefakt“, mit gebührender Distanz vorzustellen.

1.2.2 Tiefenosycholopie  

Eng verwandt mit einer künstlerischen Sicht ist die tiefenpsychologische. Durch sie werden Geschichten der Bibel behandelt und gedeutet wie Trauminhalte. Wer darin geübt ist, hat mit den Zeitsprüngen und historischen Ungenauigkeiten der Bibel keine Probleme. Gläubige Zustimmung wird nicht erwartet.

 1.2.3 Anthropolopie: 

Wie die Wissenschaft Impulse vom subjektiven Zeiterleben erhält und wie gesellschaftliche Verhältnisse das Zeiterleben mitbestimmen, stellt Helpa Novotny in ihrem Buch „Eigenzeit“ dar. Novotny erkennt die Erfahrung einer kontinuierlichen Zeit als Spiegelbild der Fließbandarbeit: (S.15) – „Die physikalische Zeit, die sich mit dem Aufschwung der Naturwissenschaften aus der Matrix der sozialen Zeit abgespalten hat und die im Maschinenzeitalter zur homogenisierten, ideologisch-linearen Zeitschiene für den Fortschritt wurde, der sich alle andere Zeit im Namen ihrer äußeren, objektiven Wirklichkeit zu beugen hatte, beginnt sich der sozialen Zeitauffassung wieder anzunähern.“ (S.157)  Helpa Novotny beobachtet eine
zeitliche Parallele zwischen Entwicklungen der theoretischen Physik und kulturellen Umbrüchen am Beispiel der Malerei und der Musik, aber auch Einflüsse des Zeiterlebens auf Theorien der Physik. Zugunsten vieler konkreter Einzelgeschichten erhebt der Philosoph Odo Marquard Einwände gegen eine idealistische „Weltgeschichte“, die als Universalgeschichte einförmig
und „vollkommen“ bis zur Langeweile konzipiert ist. In ihr ist Buntheit nur als Anfangskonstellation gestattet, Bewegung nur als Buntheitsabbau gerechffertigt, und [ihr] Endzustand … ist einer, in dem niemand mehr anders ist als die Anderen“ (Apologie des Zufälligen S. 73). In einem heiteren Roman von Ehm Welk (Die Heiden von Kummerow) antwortet ein kleiner Junge auf die Frage des Lehrers, wann die Welt am schönsten sei: „Wenn man sie verkehrt herum anschaut“ So weise dieses Wort aus Kindermund auch ist, werden nur wenige deswegen den Entschluß fassen, von nun an nur noch auf dem Kopf zu stehen. Kunst und Anthropologie werten das, was die Bibel mit der Zeit anstellt, als Provokation unseres modernen Denkens und unseres Lebens in und mit der Zeit. Sie fragt wohlwollend- distanziert, ob nicht alles auch ganz anders sein könnte.

 2. Biblische Zeit: ihre Dauer, ihre Gestaltwechsel


Die bisher dargestellten Diskussionen bewegen sich, auch da, wo sie Partei für den lebendigen Menschen ergreifen, innerhalb der Ursache-Wirkung-Welt, der natürlichen Welt. Selbst die Erwähnung Gottes ändert daran nichts, wie Romano Guardini feststellt: „Natur im heutigen Sinne meint den Inbegriff der erfahrbaren Dinge -evtl. plus Gott, wobei aber… alles
entfernt ist, was ihn als den souveränen Schöpfer und Herrn der Offenbarung charakterisiert.  Er wird zum religiösen Element der Welt selbst gemacht, der den Dingen jene Sinntiefe und Selbstgenügsamkeit gibt, die das Charakteristikum des Naturbegriffs bildet . . Oder aber der Begriff der Natur verneint Gott ausdrücklich, erklärt die Welt als das ohne Gott Seinsfähige und Sinn-Erfüllte.“ (Romano Guardin; Existenz S. 112)
Wenn ich als Glaubender in ein Gespräch mit der Wissenschaft eintrete, gelten für mich folgende Voraussetzungen:
1. Der Schöpfer selbst will mich durch die Bibel lehren, was Zeit in seiner Hand für mich ist.
2. Seine Lehre nimmt keine Rücksicht darauf, daß ich in meiner wissenschaftlich-technischen Kultur gefangen, – erst die Sprache seiner ursprünglichen Adressaten lernen muß. Die simple Art, in der das Wort von Gott in meine Welt seit Jahrhunderten inkulturiert wurde, verschleiert mehr, als sie mich verstehen läßt.

3. Ich versuche, methodisch alles zu vergessen, was ich über die Zeit weiß. Wenn wir sagen, ein Mensch habe ein biblisches Alter erreicht, dann meinen wir eine Zeit, die in Jahrhunderten gemessen wird. Zu den ersten zehn Generationen
der Biblischen Geschichte gehörte als Achter der berühmte Methusalem mit 969 Lebensjahren. Nun wird aber Zeit in der Bibel nicht nur wie eine Strecke gemessen, sondern Zeitgrößen verraten zugleich etwas Strukturelles. Sie teilen mit, welcher Art eine Zeit ist.

2.1 Biblische Zeitmarken: die Zahlen 40 /400 /4


Da gibt es in der Bibel eine merkwürdige Beziehung der Ziffer „4“ und ihrer Vielfachen zu dem, was diesseitig und zeitlich
ist.

(Siehe Tafel 1 HEBRÄISCHE BUCHSTABEN; ZAHLEN, HIEROGLYPHEN)

                               

2.1.1 Zeit / Wasser / 40. 

Das hebräische Schriftzeichen für 40 ist das ~, als Hieroglyphe zugleich Wasser und Zeit bezeichnend.  Auch unser
lateinisches m, stellt eine Wellenlinie dar und könnte als Zeichen für fließendes Wasser gesehen werden, an dem sich Zeit messen läßt:  „Da muß noch viel Wasser die Spree runter fließen“, sagt der Volksmund auch hier bei uns als
unpräzise Zeitangabe. Einige allgemein bekannte Beispiele aus der Bibel für die Beziehung 40 – Zeit sind die 40 Tage und 40 Nächte der Sintflut (Gen 7.4,12,17),
die 40 Jahre der Wüstenwanderung nach dem Auszug aus Ägypten (Ex 16,35),
Mose bleibt 40 Tage und 40 Nächte auf dem Sinai (Ex 24. 18),
König David regiert 40 Jahre lang (2 Sam 5. 4), König Salomo ist ebenfalls 40 Jahre lang König (1 Kön 11. 42),
Elija ging durch die Kraft einer gottgegebenen Speise 40 Tage und 40 Nächte lang zum Horeb (1 Kön 19. 8). 

Das Neue Testament berichtet von den vierzig Tagen, in denen Jesus zu Beginn seines öffentlichen Wirkens in der Wüste fastete (Mt 4. 2/ Lk 4. 2). 

Die Apostelgeschichte (Apg 1.
3) erzählt, daß Jesus nach seiner Auferstehung 40 Tage lang unter seinen Jüngern lebte und ihnen gelegentlich leibhaftig erschien.


2.1.2 „400“ / „4“  

Auf der Ebene der Hunderter wird Zeit als 400 notiert, auf der Einerebene als 4: Vierhundert Jahre lang dauerte die Gefangenschaft des heiligen Volkes in Ägypten. Im zweiten Schöpfungsbericht der hebräischen Bibel repräsentiert die 4 die Wasserseite der Schöpfung. Im Unterschied zur Licht- gleich Feuerseite, ist dies die Seite des Trägen, Wässrigen,
langsam Strömenden, des Fruchtbaren, des Erscheinenden, Weiblichen. Hier haben die Naturgesetze ihren Ort und „alle vier Winde“ der Windrose.

(Siehe Tafel 4: DAS „SECHSTAGEWERK“ GOTTES NACH DER BIBEL )

2.2 Uberschreitungen diesseitiger Zeit mit der Zahl 50


Auch das Neue Testament enthält Spuren für die Zeit unter der Ziffer 40 – und für Ewigkeit unter der Ziffer 50.
Für den Schritt „aus der Zeit heraus“, von der 40 in die 50, verweise ich auf Jo 8.57: „Du bist noch nicht 50 Jahre alt und willst Abraham gesehen haben!“. – Die Jesus dies vorhalten, scheinen nach 50 Lebensjahren einen Sprung aus der Zeit für denkbar zu halten. Eine freundliche Kennzeichnung eines Menschen, der 50 Jahre alt wird, lautet noch heute volkstümlich jüdisch: Sie – er hat „geabrahamt“.


2.2.1 „Fisch“/ 50 

Das „Zeichen Fisch“ mit dem Zahlenwert 50 haben wir in der jüdisch-christlichen Tradition als Merkmal der Vollendung (und damit Aufhebung) der Zeit im Pfingsten (griechisch pentekoste von pentekonta 50), dem 50. Tag nach Ostern.
Die „Ausgießung“ des Heiligen Geistes ist Merkmal der Vollendung der Zeit. (Joel 3.1) Bis ins Neue Testament hinein hören wir den Prophetenruf: „Die Zeit ist erfüllt“. „Kehrt um und glaubt an das Evangelium“.
Es gibt im Judentum ein eigenes Fest der, erfüllten, d.h. vollendeten Zeit: das Laubhüttenfest (Sukkoth).
Man verläßt den Ort der Nützlichkeit, der Arbeit, und wohnt ganz unproduktiv (=sakral) in einer Hütte, durch deren Blätterdach man den Himmel sehen kann (Lev 23.43).
Die Priester gießen eimerweise Wasser in den Tempel (Wasser = Zeit: Mischnajoth Sukka IV und V, zit. nach Weinreb, Schöpfung S.900).



2.2.2 Sabbat: „7“

Ferner ist die 7 eine Ziffer der Vollendung, weil sie das „Sechstagewerk“ des ersten Schöpfungsberichts in Richtung auf den Sabbat (=7.Tag) übersteigt. Das Wort Jesu „lch will euch zu Menschenfischern machen“ (Mt 4.19) kann darum nicht als beliebiges poetisches Bild gewertet werden, sondern es gehört in den Zusammenhang der Zeitabhängigkeit des Menschen, der aus dem Bereich „50“ stammt, dem jenseitigen „Fisch“, der aus der Zeit (dem Wasser) befreit werden soll, wie Mose, der „aus dem Wasser gezogene“, das Volk aus dem Schilfmeer herausführt und rettet
(v9l. Weinreb, Leben i. Diesseits u. Jenseits S.157).


2.2.3 Die 17:

ragt über die 4 mal 4- Grenze der diesseitigen Welt hinaus. Die Zählung der Fische nach der Auferstehung Jesu ergibt 153 (Jo 21.11): Das ist die 17 als Zahlenreihe 1+2+3+4+5… bis + 17 = 153: die Apostel verstehen:  „Die Zeit ist erfüllt…“
Diese Nachricht hatte Jesus durch seine vorangegangene Anweisung vorbereitet, das Netz „auf der rechten Seite“ des Bootes auszuwerfen, die, wie später bei dem Verhältnis 1-4 zu zeigen sein wird, die Seite der „1“, die Seite des Jenseitigen ist.



2.2.4 Die 8 ist schon jenseitig:  

„das Haus ohne Fenster“ , das Innerste des Tempels, im Wort verwandt mit Salbung (schemona): Priester und Könige
werden gesalbt – und damit dieser Zeitwelt entzogen (geheiligt). Mose erreicht diesen jenseitigen Ort nicht, statt seiner Joschua (= Jesus), der Sohn des Nun (das heißt Fisch)- und auch David darf das Haus Gottes nicht bauen, erst sein
Sohn Salomo, das heißt Fülle, Vollendung, Friede. Der Repräsentant der 8. Generation nach Adam war Methusalem, dessen Lebenszeit bis zum Ende des Zeitalters dauerte, bis zur Sintflut, einer Art Weltuntergang. Er lebte im hebräischen
Sinne ewig, eben bis zum Abbruch seines Zeitalters.


2.2.5 „Olam“: 

Als Begrenzung, als Umfriedung wird das Wort Olam verwendet. Wo es im Zusammenhang mit der Zeit geschrieben ist, übersetzen wir es meist mit Ewigkeit, worunter die mündliche Tradition einen unvollständigen Kollaps der Zeit versteht: zwar
ist die Zeit erfüllt, die Wasser stehen wie Mauern, aber der Mensch bewegt sich dazwischen und hat auch Wasser zum trinken. Der gegenwärtige Augenblick und die Ewigkeit sind Geschwister. Festzeiten lassen Ereignisse, denen wir unser Leben
verdanken, gegenwärtig werden. Jesus sagt im Neuen Testament ausdrücklich seine Gegenwart zu, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind: der Gleichklang unter denen, die ihm glauben, aber auch das verborgene Leid des Einzelnen, mit
welchem Jesus sich identifiziert. Das ist einerseits eine Perichorese der Zeit, ein Rollen- und Existenztausch Gottes mit den Menschen, nach guter jüdischer Tradition. Olam hat andererseits die Bedeutung Zeitalter, Generation, (struktureller) Zusammenhang. Die erschreckende Mahnung Jesu, daß die Sünde wider den Heiligen Geist in Ewigkeit nicht vergeben wird, meint wohl ihrer Struktur nach, weil die Zurückweisung des einzigen Rettungsangebots ihrer Struktur nach (Mt 12.31) alle Hoffnungen zerstört.
In diesem Fall ist Olam kein Begriff, der zur Zeit in Spannung steht.

2.3 „Weltuntergänge“ in der hebräischen Bibel


An der Bewegung des Wassers wird im Volk Gottes die fortschreitende Zeit erkannt. Und, das ist für uns das Befremdende: am Stillstand des Wassers ein Stillstand der Zeit. Man kann die Zeitmanipulationen Gottes, von denen die Bibel erzählt, als kleine Weltuntergänge verstehen:


2.3.1 „Stopptrick“

„Und die Kinder Israel gingen hinein mitten ins Meer auf dem Trockenen, und das Wasser war ihnen eine Mauer zur
Rechten und zur Linken.“ (Ex 14,22) Es ist Krieg. Die schwerfällig sich bewegende Volksmasse der flüchtenden Israeliten erwartet den Angriff der nachsetzenden ägyptischen Streitwagen.
Da geschieht etwas, was wir vom Film kennen: ein „Stopptrick“ läßt die Ägypter in ihren Bewegungen erstarren wie eingefroren (vgl. Ps 76,6), während sich das Volk schwerfällig
auf das Schilfmeer zu bewegt.
An den zu „Mauern“ erstarrten Wassermassen dort erkennen sie, daß etwas mit der Zeit passiert ist. Die Uhr der Ägypter wurde angehalten, die ihre lief weiter. Für die Ägypter war subjektiv keine Zeit vergangen, die Flüchtenden waren vor ihren Augen einfach entschwunden.


2.3.2 Zeitverzerrung (Ex. 17,11) 

ereignet sich im Krieg gegen den König Amalek: solange Mose seine Hände zu Himmel hebt, sind die Krieger seines Volkes
überlegen, läßt er die Arme sinken, siegt der Feind (Ex. 17,11). Die Zeitkoordinaten scheinen sich auch hier zu verschieben. Der Vorgang ist uns nicht fremd, wenn auch nur auf ganz irdischem Kampffeld:
Für einen Hund ist der Mensch meist so langsam, daß er dessen Angriffen leicht ausweichen kann. Eine Ethnologin berichtet von den rituellen Zweikämpfen der Watussi, bei denen es vorkommt, daß sie sich nach längerem Anvisieren die Gegner zugleich aus ihrer lauernden Stellung aufrichten und den Kampfplatz verlassen, weil sie sich im selben Tempo bewegen würden und sozusagen synchron geschaltet sind. Ein Sieg wäre für keinen der beiden Kämpfer möglich. Faszinierend zu diesem Thema ist ein Film von Disney vom Kampf eines Mungo mit einer Kobra: die Technik der Zeitdehnung (Zeitlupe) läßt erkennen, daß sich der Mungo in einem günstigeren Zeitgitter bewegt als die Schlange.

Alle diese Beobachtungen bleiben aber hinter den biblischen Begebenheiten zurück. 2.3.3 Zeitbruch (Jos 10,12-14):
„…An dem Tage, da der HERR die Amoriter vor den Kindern Israel dahingab, sprach (er) in Gegenwart Israels: 

Sonne, steh still zu Gibeon, und Mond, im TalAjalon! 

Da stand die Sonne still und der Mond blieb stehen, bis sich das Volk an seinen Feinden gerächt hatte. Ist dies nicht geschrieben im Buch des Redlichen? So blieb die Sonne stehen mitten am Himmel und beeilte sich nicht unterzugehen
fast einen ganzen Tag. Und es war kein Tag diesem gleich, weder vorher noch danach, daß der HERR so auf die Stimme eines Menschen hörte; denn der Herr stritt für Israel.“ (Jos 10,12-14)


2.3.4 Rückwärts!  

Das Beispiel, das heutige Menschen am meisten provozieren muß, besonders Physiker, steht beim Propheten Jesaja: „Da
geschah das Wort der HERRN zu Jesaja: Geh hin und sage Hiskia: So spricht der HERR, der Gott deines Vaters David: ich habe dein Gebet gehört und deine Tränen gesehen. Siehe, ich will deinen Tagen noch fünfzehn Jahre (vgl. unten: 2.6
„Zeit- Zeiten- und eine halbe Zeit“: die 1,5 mal 10!) zulegen und will dich samt dieser Stadt erretten aus der Hand des Königs von Assyrien und will diese Stadt beschirmen. Und dies sei dir Zeichen von dem HERRN, daß der HERR tun wird, wie er zugesagt hat: Siehe, ich will den Schatten an der Sonnenuhr des Ahas zehn Striche zurückziehen, über die er gelaufen ist. Und die Sonne lief zehn Striche zurück an der Sonnenuhr, über die sie gelaufen war.“ (Jes 38,4-8)
Die Provokation besteht hier darin, daß der „Film“ eines der beiden Könige rückwärts läuft, nicht nur anhält, wie vom Schilfmeer berichtet. In der Hand Gottes stellen sich die ZeitRaum-Koordinaten gegeneinander verschiebbar dar.
(Siehe Tafel 2: „SPRUNGE“ VON ZEITMAß ZU ZEITMAß )

Die absoluten Zeitgrößen können wechseln. Sprünge zwischen den Ebenen sind
Brüche, von denen angenommen wird, daß sie die kosmischen Verhältnisse umkippen.

2.4 Zahlenbezogene jüdische Schriftauslegung in Midrasch und Talmad



Eine Art, die Zeitreflexion der Bibel auf die Erfahrung des Menschen zu beziehen, ohne die historische Seite ihrer Berichte auszuschließen, ist eine Schriftauslegung jüdischer Tradition, (Zahlenbezogene jüdische Schriftauslegung in Midrasch und Talmud) die ich die mystisch-prophetische nenne, wobei mystisch hier für eine rezeptive, ehrfürchtige, liebende,
ganzheitliche Aufnahme von Mitteilungen aus Bibel und Traditionen der Schriftauslequng steht. die einen höheren Gewißheitsgrad versprechen als logische Beweise. Mystisches Erkennen ist von großer Zuneigung und Leidenschaft
getragen, die mit dem „Geschauten“ eins werden läßt. Eines ihrer Merkmale ist die Bereitschaft des „Null-Werdens“, welche in der Mystik aller Religionen eine Rolle spielt – wie in der Liebe. „ln uns lebt als Fundament, man könnte auch sagen als Kern, das Zeitlose. Das ist es eigentlich, wodurch wir existieren. Es will auch sagen, daß die Offenbarung nicht auf das
Jahr 2449 datierbar ist, sondern vorweltlich existiert. [Thora heißt Lehre. Gott ist der Lehrer und Vater]… Von großer Freude erfüllt, in ekstatischer Bewegtheit, zeigt er dem Schüler: Sieh es an, alles das hat Gott der Welt gegeben; weil er die Welt so liebte…“ (F. Weinreb, Wurzeln S. 59)
In unserer Zeit hat Mystik einen exotischen Klang.  Aber die Fähigkeit dazu
schlummert in jedem Menschen. Wem in unserer Nachbarschaft mystische Erfahrungen zustoßen, wird sich in der Regel bemühen, das vor anderen zu verbergen., schon wegen drohender Urteile aus der Sicht der Psychiatrie. (Vgl. Benders Versuch 1958 im Fernsehen zeigte die Tendenz der Zuschauer, was sie gesehen haben zu verleugnen, wenn es außergewöhnlich ist.) Als Vergleich für die Virulenz vergrabener mystischer Fähigkeiten des heutigen Menschen ziehe ich das
Verhalten einer behüteten Hauskatze heran, die ihr Spielzeug sofort ignoriert, wenn sie das erste Mal eine lebende Maus sieht. Ihre Natur zwingt sie, der Maus zu folgen. So braucht auch ein Mensch keine Bedenkzeit, wenn ihm etwas begegnet,
was seine Natur längst erwartet, aber nie erfahren hat: er erhält die Gewißheit: „Das ist es!“.
Ähnlich übersetzt Martin Buber das Erlebnis des Adam, als ihm das erste Mal Eva entgegentritt: „Diesmal war sie es!“ Die
einzige Konkurrenz für Mystik ist die Erotik (vgl. Sir 24,21 „Wer mich genießt, hungert nach mehr..). 

Der Beobachter hat den Eindruck: Dieser Mensch spinnt. Für den Betroffenen selbst gibt es keine stärkere Realität. Das gilt
auch für wissenschaftlichen Eros und seine Beurteilung von außen, viel mehr aber noch für die, denen eine unabweisbare Einsicht aus mystischem Erleben zuteil wurde – und die ihre Erfahrung durch die Mitteilungen alter Traditionen
bestätigt fanden. Prophetisch nenne ich die aktive Seite des Mystikers, der das nicht verschweigen kann und darf, was er erfahren hat, ungeachtet des Gelächters, das er bei vielen damit auslöst. Prophetie ist nicht auf Zukunftsschau
eingeschränkt, sondern hat auch mit der Deutung gegenwärtiger und vergangener Zeit zu tun.
Diese Art der Schriftrezeption ist sich ihrer Anfälligkeit für Mißverständnisse bewußt und ihres „Verspätetseins“ (vg/. Bloom). 

Der Lesende, Aufnehmende, kann nicht rein rezeptiv bleiben. Er schafft, gemeinsam mit dem Geschriebenen, eine neue Wirklichkeit, die nicht beliebig, wenn auch notwendig personbezogen ist. Schon beim (lauten) Lesen der Schrift erweckt ihr
„schwarzes Feuer“ zum Leben in unserer Welt, füllt ihre Konsonantenreihen mit dem Geist klingender Vokale.

Der lesende, singende, aufnehmende Mensch entfaltet Geheimnisse der Schrift. In der sichtbaren Schrift zeigt sich die Lichtseite des ersten Schöpfungstages, sozusagen in Lichtgeschwindigkeit, im gesprochenen, also hörbaren Wort die trägere
akustische Natur des Wortes im wäßrigen Milieu der Erde. Karl E. Grözinger hat das in der Reihe Forum Guardini (Jüdische SchriflausIegung. S. 11-36 in: P. Chiarini und H.D. Zimmermann, Schrift Sinne) präzisiert. 

Er stellt in einer Systematik eine Weise jüdischer Textinterpretation vor, bei der fast alles Entscheidende auf der Seite des Interpreten liegt und nur wenig auf Seiten des Verfassers (S. 11)). 

Wichtig zu wissen ist nun, „daß all die Antworten, die ein Mensch von der Tora auf seine Fragen erhält, nach jüdischem Verständnis als Tora im vollen Sinne (von mir hervorgehoben) gelten. Was daher in Midrasch und Talmud aufgezeichnet ist, wird „die mündliche Tora“ genannt. Nach diesem Verständnis eignet den ersten Büchern der Bibel eine „deutlich
anthropologische Komponente“ (S. 12)). „Aber diese Philologie versteht sich nicht als Wilikür und verläuft sich nicht in Beliebigkeit, sondern ist eine metaphilologische Hermeneutik mit ihrer eigenen Axiomatik“ (S.14f.)

 

2.5 Kabbala


Kabbala heißt schlicht Lehre.
Wer sich auf die mystisch-prophetische Schriftaufnahme jüdischer Tradition einläBt, kommt mit der Kabbala in Berührung, die seit ihrer Popularisierung im 12. Jahrhundert für viele ein Feld magischer Zeichendeuterei und abergläubischen Denkens und Tuns wurde. Die Spreu vom Weizen zu trennen, würde ein eigenes Studium, vor allem aber einen spirituellen Weg mit Begleitung erfordern. Vieles an der Lehre erscheint so einleuchtend und griffig, daß sie dazu verführt, sie zu einem
schnell verfügbaren Instrument zu machen, das Alles erklärt.
Folgen sind unter anderen Ehrfurchtslosigkeit und Rechthaberei, was oft zu aufdringlichen Missionsversuchen geführt hat.
Aber – es gibt nicht viele Alternativen, die Schrift konkret verstehen zu lernen, um mit ihr- in Harmonie mit Generationen
von Gottbegeisterten – zu leben. – Die Kirchenväter des christlichen Altertums hatten an den alten jüdischen Uberlieferungen und Weisheitslehren teil. Es gilt, sie wieder zu entdecken. Wer die Schrift verstehen will, kann an diesem Schatz gesammelter Inspirationen und Gebetserfahrungen nicht vorbeigehen.
 Verstehen wir z. B. noch, warum der katholische Priester bei der Erhebung der Hostie (die aus Weizenmehl sein muß) während der Eucharistiefeier darauf hinweist, daß dies das Lamm Gottes ist? Ist es unwichtig, daß dem Zeichen Widder (dem Königszeichen) auf der Erde der Weizen entspricht – und daß das
Lamm das Kind des Widders ist, das im Weizenbrot erscheinen kann?
Ist es für uns von Belang,
daß „ihm kein Bein zerbrochen wird“ wie dem Pascha-Lamm? Verstehen wir den Hinweis des Täufers Johannes: „Seht das
Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt“? „Den sie durchbohrt haben…“ (Jo 3,14)
Die Schlange (50-8-300 nachasch = 358) des Mose am Pfahl- und der gekreuzigte Christus (40-300-10-8 maschiach = 358) – der selbe Zahlenwert.
Interessiert uns, warum der Evangelist Johannes in seinem Evangelium (21,11) hervorhebt, daß das Netz zur rechten Seite des Schiffes ausgeworfen werden mußte und daß dann 153 Fische im Netz waren?
Genügt es, die Kirchenfenster des Chagall in Jerusalem als Kunst hinzunehmen, ohne seine Symbolsprache zu verstehen, mit denen er die Stämme Israels vorstellt?
Kompetent und allgemeinverständlich finden Sie die Welt der Kabbala, für den heutigen Menschen erzählt, bei Friedrich
Weinreb
.
Dieser Professor für Statistik hat auf die mündlichen Traditionen zurückgegriffen, die seit dem dritten christlichen Jahrhundert aufgeschrieben wurden: in Midrasch und Talmud.

 Es folgen einige Begriffe, die in der Kabbala eine besondere Färbung erhalten
haben: (Siehe Tafel 3 DIE 10 SEFIROT)


2.5.1 Weisheit:  

Für das Verständnis der Zeiterfahrung in der Bibel fordern die alten Uberlieferungen nicht nur theoretische Intelligenz,
die gewohnte Denkschemata relativieren kann, sondern erschrecken Sie nicht -Weisheit.
Fast haben wir vergessen, was das ist. Die orthodoxen Kirchen verehren sie als „Hagia Sophia“: eine Gefährtin Gottes von Ewigkeit her. 
Weisheit hat mit Freude und Fruchtbarkeit zu tun. Sie kann aus vielen Scherben ein Ganzes machen. Sie ist nicht nur die Weisheit Gottes, sondern eine Begleiterin für die Menschen durch die Zeit. Sie wird von der jüdischen
Tradition unter die Eigenschaften Gottes gezählt als Sefira „Chochma“ (Weisheit). Ihre Natur zeigt sich im Verspieltsein – in der Freiheit.


2.5.2 Gesetz: 

Wir haben uns an die Polarisierung des Paulus gewöhnt: nicht Gesetz, sondern Gnade. Bei Gesetz denken wir zunächst an die stolze hochstrukturierte alttestamentliche Sittenlehre. Gesetz ist aber auch das, was wir, wenn auch neuzeitlich relativiert, Naturgesetz nennen: es betriffl alle Gesetzlichkeiten, die in der Ursache-Wirkung-Welt nachgewiesen werden und die Zustimmung des Menschen und seine Unterwerfung beanspruchen.


2.5.3 Intelligenz: 

Nun wird das Naturgesetz von den alten Überlieferungen nicht einfach verworfen. Zusammen mit der Intelligenz, die Gesetzlichkeiten erkennt, steht es in Spannung zu der jenseitigen Wirklichkeit, die sich zu ihr verhält wie der Bräutigam zur Braut. Gesetzlichkeit hat in der mündlichen Tora Platz und Namen. Sie gehört zu den „Sefirot“, den zehn Merkmalen Gottes und heißt „Din“ was in diesem Falle weder die „Deutsche-lndustrie-Norm“, noch andere internationale Maße bezeichnet, sondern „Urteil“ (Intelligenz).
Das alte Wissen sieht in ihr die linke Hand Gottes in Opposition zur rechten, der erwähnten ÈChochma“ (Weisheit). Es verschließt sich demnach nicht den Gesetzen, sondern weist ihnen einen Platz im Ganzen zu.
Das Alte Wissen kann sich darum auch nicht gegen eine Exegese mit wissenschaftlichem Anspruch feindlich verhalten. Die Weisheit wirbt um sie, indem sie sich vor ihrer Intelligenz zu nichts macht und hofft, daß ihr bewußt wird, daß ihr Forschen
und Mühen nicht nur aufklärt, sondern auch einengt. Sie hofft auf einen Tanz mit ihr, auf eine Perichorese.


2.5.4 Zeichen und Zahl: 


Die Weisheit erfaßt nicht nur die Wortbedeutungen, sondern zugleich auch ihre Zahlenwerte, wodurch sich manchmal verspielte, aber auch tiefgründige Zusammenhänge ergeben. Die Bibel erzählt, indem sie zählt. Jedes hebräische Schriftzeichen ist zugleich eine Ziffer und eine Hieroglyphe, die wiederum eine eigene Bedeutung hat.


2.5.5 Die Hand:  

Der natürlichen, der Zeit unterworfenen Welt, repräsentiert von der 4, steht die jenseitige 1 gegenüber wie der Daumen
den vier Fingern. 1-4 ist das Grundmodell der Gesamtwirklichkeit. Der Baum des Lebens, Zahlenwert 233, steht dem Baum der Erkenntnis, Zahlenwert 932, gegenüber: im Verhältnis 1:4 (Weinreb, Leben S. 266).
( Siehe Tafel 4: DAS SECHSTAGEWERK GOTTES NACH DER BIBEL)


DER ERSTE SCHÖPFUNGSBERICHT:


Tage sind uns bekannt als Zeitstrecken.
 Im Ersten Schöpfungsbericht der Bibel haben Tage ein anderes Gesicht: sie markieren wie Liedstrophen die wiederkehrenden Schöpfungsschritte mit dem Refrain „Es wurde Abend, Es wurde Morgen, Erster (Zweiter… usw.)Tag“. In zwei Durchgängen bildet das Lied von der Schöpfung das Leitmotiv göttlichen Lebens: 

1. Licht- und Feuerseite (männlich),
2. Wasserseite (weiblich),
3. Das Kind von beiden: 

Die Erde mit der Zwillingsnatur, dem Vater und der Mutter ähnlich (die Erde ist innen Feuer und außen Wasser).
Da die ganze Schöpfung als 2 auftritt (der erste Buchstabe der Bibel ist das Beth =2 = 2), aus der 1 (Gott) hervorgegangen,
(AB = 1-2), hat der dritte Tag mit dem Zwillingsgesicht unserer Erde 2×2 Elemente (=4). Entwicklungen davon in 4, 5 und 6

 DER ZWEITE SCHÖPFUNGSBERICHT


läßt die Welt aus wäßrigem Milieu entstehen: dem Dunst (hebräisch „ed“, 1-4 = ), der aus der Erde aufsteigt
[von olah =aufsteigen]. Als Dunst, Ed = 1 und 4 geschrieben, erscheint das Feuchte in der Gestalt der Hand auch in der Geschichte des Elija. Als Wolke, als „Dunst wie eine Menschenhand“ (1Kön 18,44) erscheint die Wasserseite der Schöpfung aus dem Mittelmeer aufsteigend, um Regen zu bringen.

Ein Hinweis: Die Karmelitinnen nennen Elija ihren Gründer.  Die Wolke über dem Meer ist für sie eine Erscheinung der Mutter Jesu, „Maria vom Berge KarmeI“. Die 4 kennt die Ursache-Wirkung-Welt durch den Baum der Erkenntnis: ez ose pri = der Baum der Frucht macht.
Ein Rätsel muß ihr der Baum des Lebens bleiben: ez pri ose pri = der Baum der Frucht ist und Frucht macht, der zugleich ist, was in dieser Welt nur hintereinander sein kann im Ablauf der Zeit (vgl. Weinreb, Leben S. 266). 

Während sich wissenschaftliche Theologie schwer tut mit dem überlieferten Glauben: „Maria ist Jungfrau und Mutter“ (in der Welt der 4 kann das nur durch Veränderung in der Zeit, durch Entwicklung geschehen), – ist es von der Welt der 1 aus gesehen zugleich: ein Einbruch der Ewigkeit in die Zeit, wie beim Gang durch das Schilfmeer.


2.5.6 Geheimnis:

Eine Kombination von zählen und erzählen, die mich besonders beeindruckt hat, habe ich in Weinrebs Buch „Schöpfung im Wort“ (S.94) gefunden: Die Ägyptischen Plagen der Auszugsgeschichte (Ex 7-11) enthalten ein „magisches Quadrat“. (Siehe Tafel 5 ÄGYPTISCHE PLAGEN, DIE EIN MAGISCHES QUADRAT BILDEN)


2.5.7 Die andere Seite:

BevorSie diese Kostprobe aus der Kabbala als geistreiche Spielerei abtun, ziehen Sie bitte in Rechnung, wie gering die Wahrscheinlichkeit ist, daß ein solches magisches Quadrat sich zufällig ergibt. Warum zählt die Schrift die Ägyptischen
Plagen gerade in dieser Reihenfolge auf? Ist das Zahlenspiel nur Interpretationsartistik oder nicht vielmehr eine Entdeckung? Könnte das Quadrat nicht eine Warnung der Schrift sein, sich nicht in eine solche Kiste einsperren zu lassen, – in ein bedrückendes fesselndes System, das der Mensch durch seinen Kult der innerweltlichen Gesetze mitverursacht hat?
So ist der Mensch gefesselt durch die Struktur der diesseitigen Zeit, während die Bibel den Menschen die tröstliche
Nachricht gibt, daß diese Fessel nicht unabänderliches augenloses Gesetz ist, sondern ein Ordnungsgefüge, das in der Hand Gottes veränderlich ist und dadurch Freiheit zuläßt. „Die Zeit ist mehr als nur Dahinströmendes, mehr als nur ein Moment in der ständigen Aufeinanderfolge von Momenten.
 In jedem Augenblick wohnt gleichzeitig alles Vorherige und alles Kommende. Die „Eins wohnt auch in der Zeit.“ (Weinreb Leben…123) Aus der Sicht der Bibel wird Zeit dem Menschen von Gott gleichsam in Blöcken zugeteilt, so daß, wie mein Titel andeutet, eine Zeit, eine halbe Zeit, zwei Zeiten (noch eine Zeit)
(Dan 7,25 und 12.7), wie Bausteine aneinandergefügt werden können, obwohl sie meist, historisch gesehen, nicht zusammen passen.
Damit bestimmte Zeitaussagen der Bibel überhaupt verstanden werden können, muß einbezogen werden, welche
Bedeutung ihnen im Judentum seit Generationen beigemessen wird. Wir können das Wissen derer nicht übergehen, an deren Adresse die biblischen Berichte zuerst gerichtet sind.

2.6 Was heißt „Zeit – Zeiten – und eine halbe Zeit“?



Die Bibelstelle, die meinem Referat den Titel gab, ist Dan 12,25 (bzw. Dan 12,7): in der er weissagt, daß die Dauer der Zerstreuung des Heiligen Volkes eine Zeit, Zeiten (dual: 2 Zeiten), und eine halbe Zeit währen soll. Die absoluten Zeitgrößen bleiben dabei verborgen. Die Zahlen- und Zeitfolge hat ihr Vorbild in der Geschichte der Sintflut, also einer „Zeit“-Geschichte. „Die 3,5 bildet die Brücke von Zeitstruktur zur Wortstruktur“ (Weinreb, Schöpfung S. 479):  in der Geschichte des
Noah, der nach der Flut noch 3,5 mal 100 Jahre zu leben hatte. Die Arche ist dabei ein Archetypus des Wortes, einer „Kiste“, in der alles Leben über die Zeit-Flut gerettet und vor dem Vergessen bewahrt wird.
Die Struktur 10-5 =(1 – 1/2) aber, Beginn des Gottesnamens 10-5-6-5 (=JHWH), ist ein Teil dieser Zahlenfolge und ein Schlüsselwert der Bibel.
 Das Verhältnis (1 – 1/2) wiederholt sich in der Schrift in vielfältigen Zusammenhängen, besonders in
der biblischen Zeitrechnung der Weltgeschichte: 1658 Jahre, eine von vier geschlossen gedachten Zeitperloden („ele toldoth“) seit der Weltschöpfung, war seit der Sintflut, einem Bruch im Zeitverlauf, vergangen, als die „halbe Zeit“ 829 bis zur Ankunft an der Grenze Kanaans begann, vor dem „Gang über den Jordan“, (noch heute als Umschreibung des Todes gebraucht).
Davon wieder die halbe Zeit 414 bis 415 (also „414,5“) dauerte es bis zum König David, der wieder an der Schwelle der Vollendung (einem Zeitbruch) stehen blieb, vor dem Tempelbau (vgl. Weinreb, Schöpfung 323).

3. Kann es eine Verständigung zwischen Wissenschaft und Glaube geben?


„Zeitbruch“ – „Zeitgitter“ – „Kleiner Weltuntergang“ – „Astronomisch betrachtet ist das alles natürlich ein Greuel“, schreibt Weinreb (Schöpfung im Wort S.272 f), „doch auch in dieser Astronomie kennt die Bibel keine Kontinuität.
Sicher: Für die Welt, wie sie uns jetzt erscheint, gilt die astronomische Perspektive, die uns….vertraut ist. Und für diese Welt gilt dann auch die Kontinuität der Zeitrechnung, die uns die augenblicklichen astronomischen Sachverhalte präsentieren.“

3.1 Auch Naturforscher haben Visionen



Kann es eine Verständigung zwischen Wissenschaft und Glaube geben?
Ich denke, wo sich der Glaube bereits weitgehend der Theologie und ihren historisch-kritischen Fragestellungen untergeordnet hat, ist der Dialog spannungsarm.
Könnte der Glaube zu seiner ursprünglichen Vitalität zurückkehren, so würde er mindestens das leisten, was Odo Marquard den erzählenden Wissenschaften (Geisteswissenschaften) zutraut: „Wer erzählt, heißt es, unterbietet das wissenschaftliche Soll der Eindeutigkeit…“
 Eindeutigkeit aber – „…ist in den interpretierenden Geisteswissenschaften kein Ideal, das nicht erreicht wird, sondern eine Gefahr, der es zu entkommen gilt.“ (Apologie.S.98 ff)


3.1.1 „Buntheit“

Und weiter gegen Uniformität und GleicKförmigkeit der Lebenswelten und für Belebung des persönlichen Herkunftsbewußtseins (eines anderen Geschichtsbewußtseins), um wieder „in einer farbigen, vertrauten und sinovollen Welt zu leben.“ – Wissenschaftler haben sich nie ganz von ideologisierbaren Eindeutigkeiten einfangen lassen. Vielleicht finden sie eher einen Zugang zur Mystik als zur Theologie? Ein Buch, das mir leider im 2. Weltkrieg verloren gegangen ist, trug den Titel: „Forscher zwischen Traum und Tat“. Der Verfasser Schöller hatte darin große Entdeckungen zusammengetragen, die durch
einen Traum angestoßen wurden oder sich im Traum vollendeten. Es gehörte dazu der Entwurf des Benzolrings (1865) durch Kekule von Stradonitz, dessen Konzept der Ringstruktur die organische Chemie sprungartig vorangebracht hat.


3.1.2 William James 

stellt 1890 vor dem psychologischen und philosophischen Problem der: „inneren und äußeren Zeit“ die Frage:
„Wie lange dauert die Gegenwart?“.
Die Gegenwart ist ihm der Strom der Gedanken, des Bewußtseins und nicht ein Eimer voll Wasser. Das wäre trügerische Gegenwart. Gegenwart ist demnach keine physikalische Größe, sondern eine humane.


3.1.3 Mit dem Namen Albert Einstein 

verbindet sich die Idee einer von räumlichen Veränderungen abhängigen Zeitgröße. Wäre es denkbar, daß das dem Theoretiker Einstein bereits aus dem Judentum vertraut gewesen sein könnte, in dem er seine kulturellen Wurzeln hatte?


3.1.4 Metapysik: warum nicht.  

Auch
wer seinem Fragen die Disziplin naturwissenschaftlichen Denkens auferlegt, kann unversehens an die Grenzen der Metaphysik stoßen. Während des letzten Triangel Kolloquiums der Guardini Stiftung über Grundbegriffe der Genesis:
Kräfte wurde die Frage gestellt: „Was, bitte, hat denn beim Urknall geknallt?
Es war ja nichts da, was geknallt haben könnte“.
Die Antwort war: „Das Nichts ist instabil“ Ist das nicht schon eine metaphysische Aussage? – Mir
scheint, die innerphysikalische Schlußfolgerung geht so auf: Vor dem Urknall war nichts, jetzt ist etwas, also mußte es zu einem Anfang kommen. Das Nichts kann also kein reines Nichts sein, sondern ein instabiler Schwebezustand.
Wovon?
Was schwebt da?
Sind es physikalisch zu beschreibende Kräfte?
Femer: was sagt oder verschweigt der Ausdruck Vakuumfluktuationen?
Umschreibt er eine physikgemäße Neukonzeption von Nichts? –
 „Ein Zustand, (unendlich dicht und unendlic klein) der sich physikalisch nicht beschreiben läßt und in dem Zeit keine
Bedeutung hat“, ist ein Problem der Geisteswissenschaft, vielleicht einer theologischen Kosmologie.
Die Frage nach dem Ur-Anfang wird sonst durch Neologismen verschleiert.
 Eine ähnliche Ausflucht ist die widersprüchliche
Formel: „Aus sich selbst heraus“. Die Ursache muß aber, das ist eine Forderung des naturwissenschaftlichen Konzepts, außerhalb ihrer Wirkung liegen. 

Ich habe den Psychiater Matussek gefragt: endogen (bei Psychosen), heißt das: „weiß ich nicht“?
Er bejahte das.


3.2 Zeit kann bedrängen und trösten


Nicht nur das Wasser kann zur Flut anwachsen, wenn sich sozusagen viele Ereignisse stauen und den Menschen ertrinken lassen. Auch im Raum schiebt sich, Erdschicht um Erdschicht, zu Bergen zusammen, was zu viele Ereignisse bergen muß. Die Wörter Galiläa, Gilgal, Golem drücken den Zustand solcher Zusammenballung aus: 91/ 3-30 /51. Der Wert „33“ erinnert auch an das Lebensalter Jesu „im Fleische“: 33 Jahre. Die Zeit bedrängt den beschleunigten Menschen von heute besonders schwer. Auch jenseits der religiösen Fragen entwickelt sich Zeit zu einem kulturkritischen Thema, zu einer säkularen
Bußpredigt. Helga Novotny ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür. Auch die Bibel klagt Sünden gegen die Zeit an, aber weiß auch mit der „Zeit“ zu trösten.


3.2.1 Drohreden  

des Propheten Amos beziehen sich auf Zeit- und Maßmanipulationen der Reichen, die ihren Gewinn zum Maß machen – und nicht die Festzeiten Gottes beachten (Am, 8, 4-9), die das Jagen nach der Zeit und damit die Zeitflucht, verlangsamen könnten:
„Höret dies, ihr die ihr die Armen unterdrückt und die Elenden im Lande zugrunde richtet und sprecht: Wann will denn der Neumond ein Ende haben, daß wir Getreide verkaufen, und der Sabbat, daß wir Korn feilhalten können und das Maß
verringern und den Preis steigern. Zur selben Zeit spricht Gott der Herr, will ich die Sonne am Mittag untergehen und das Land am hellen Tege finster werden lassen…“ 

3.2.2 Und Trost:

Der Name Noah bedeutet Trost. Auch die Zeit und Zeiten und eine halbe Zeit mal hundert, die Gott dem Noah nach der Flut an
Lebensjahren schenkt, sind für alle tröstlich, wie immer, wenn der halbe Sabbat, die 3 1/2 sich zeigt.  Nach dem Weltuntergang der großen Flut erkennen wir in ihm, daß die Zeit den Menschen nach der gr0ßen Bedrängnis frei geben muß,
daß das Leben weiter geht.
Deine Sonne wird nicht mehr untergehen und dein Mond nicht den Schein verlieren; denn der Herr wird dein ewiges Licht
(le or ol‡m) sein, und die Tage deines Leidens werden ein Ende haben. (Jes 60,20)

Literatur


Das Alte Testament Hebräisch-Deutsch, Stuttgart 1974 Bloom Harold, Kabbala. Poesie und Kritik, Basel/Frankfurt a.M. 1975 fl Orig. New York 1975 Wien/Freiburg/Basel 1966

Fridell Egon, Kulturgeschichte der Neuzeit, München 1927 Gordon C. H.,
Geschichtliche Grundlagen des Alten Testamentes, Wiesbaden 1961

Grözinger Karl E., J üdische Schriftauslegung. S. 11-36 in: P. Chiarini und H.D. Zimmermann, Schrift Sinne. Exegese, Interpretation, Dekonstruktion. Berlin 1994

Guardini Romano, Die Existenz des Christen, Paderborn 1977

Kugler (SJ) F.X., Im Bannkreis Babels. Panbabylonistische Konstruktionen und religionsgeschichtliche Tatsachen, Münster 1910 Marquard Odo, Apologie des Zufälligen. Philosophische Studien. Stuttgart 1986

Novotny Helga, Eigenzeit. Entstehung und Strukturierung eines Zeitgefühis, Frankfurt a.M. 1990 OhlerAnnemarie, Grundwissen Altes Testament, Stuttgart 1986

Velikowski Immanuel, Vom Exodus zum König Echnaton. Reihe: Zeitalter im Chaos, Frankfurt a.M. 1981 Weinreb Friedrich, Leben im Diesseits und Jenseits. Ein uraltes vergessenes Menschenbild, Bern 1994 Weinreb Friedrich, Schöpfung im
Wort. Die Struktur der Bibel in jüdischer Uberlieferung., Weiler im Allgäu 1989

Weinreb, Friedrich, Die jüdischen Wurzeln des Matthäus- Evangellums, Weiler im Allgäu 1992



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4.Wissenslexikon

 

Symbole und ihre
Bedeutung

 

Jedes Symbol kann Hunderte von Deutungen in sich tragen – je nach den Vorstellungen der Menschen, die es interpretiert haben. Symbole, wie etwa das Dreieck, der Kreis, das Kreuz, das Quadrat oder der Stern, die auf der ganzen Welt vorkommen, können vollkommen verschiedene Dinge beinhalten. Die Herabwürdigung eines Symbols kann man an der Swastika beobachten. Nach dem Zweiten Weltkrieg galt diese als Symbol von Grausamkeit und totalitärem Machtmissbrauch. Zuvor war sie in Asien ein altehrwürdiges Emblem des Friedens und des schöpferischen Geistes, verwandt mit dem Sonnenrad und erfüllt von Bedeutungen wie „Es sei“ oder „Amen“.  Sie war ein sakrales Zeichen, das vor zwölftausend
Jahren – in paläolithischen Zeiten – wahrscheinlich die Wiedergeburt symbolisierte.

Anch:

In den ägyptischen Hieroglyphen bedeutete das Wort anch sowohl „Leben“ wie auch „Handspiegel“. Es war mit dem Spiegel der Göttin Hathor und dem Spiegel der Venus verwandt und ursprünglich ein weibliches Symbol. Ägyptische Gottheiten aller Art wurden mit dem Anch-Zeichen dargestellt: Sie trugen es als Symbol für das Geschenk des ewigen Lebens, das ihren königlichen oder priesterlichen Dienern versprochen worden war.

Apfel:

In den meisten indoeuropäischen Mythologien gibt es die magischen Äpfel der Unsterblichkeit, die Tod und Wiedergeburt symbolisieren. Meistens ist es die Göttin, die diese Äpfel einem Mann, Helden, Ahnen oder Gott verleiht. Die norwegische Göttin Iduna hielt alle Götter mit ihren magischen Äpfeln am Leben. Hiervon beeinflusst, gaben die alten Norweger ihren Toten Äpfel mit ins Grab: dies sollte auf magische Weise ihre Wiedergeburt ermöglichen. Als Lebensbaum oder Lebenspendend wird er in vielen Kulturen erwähnt. Dass der Apfel so sehr verehrt wurde, liegt auch an den geheimen sakralen Zeichen in seinem Inneren: dem Pentagramm, das dann zutage tritt, wenn man den Apfel quer durchschneidet. Auch die Dreifache Göttin wird im Apfelbaum dargestellt: der eine in voller Blüte, ein zweiter, der die Blüte abwirft, und der dritte, an dem die reife Frucht hängt.

Athame:


Ein Athame ist ein Messer oder Dolch, und es wird in der Hexentradition als magisches Symbol benutzt; allerdings ist zweifelhaft, ob es in früheren Jahrhunderten nur diesem einen Zweck diente. Die Klinge sollte magnetisierbar sein und symbolisiert das Element Luft und wird verwendet, um den heiligen Ort abzugrenzen, indem man damit einen Kreis zieht.

Auge:  

Menschen reagieren stark auf Darstellungen des Auges. Der Augenkontakt zwischen Mutter und Kind unmittelbar nach der Geburt trägt dazu bei, eine Bindung zu erzeugen, die das Überleben des Kindes sichert.
In den hinduistischen Text „Lalita Sahasranamam“ erschuf und zerstörte die Große Göttin die Universen einfach dadurch, dass sie ihre Augen öffnete und schloss. Das gefürchtete böse Auge oder der böse Blick bezeichnete das Auge der Göttin und war oftmals das Auge des Urteils. Anat oder Anath, der Greisinnenaspekt von Astarte/Hathor, wurde im christianisierten Abessinien zu einer alten Hexe. Im Mittelalter waren die Kräfte des bösen Blicks, die man Hexen zuschrieb, sehr gefürchtet. Allerdings glaubte man, dass auch Männer und sogar der Klerus ihn haben konnte.

Baumalphabet:

Wie das Runenalphabet, so wurde auch das Baumalphabet von europäischen Heiden zum Zeck der Weissagung und der Übermittlung geheimer Botschaften verwendet. Jeder Buchstabe wurde nach einem Baum oder Strauch benannt, und so konnten Botschaften buchstabiert werden, indem man die jeweiligen Blätter in der richtigen Reihenfolge auf einer Schnur oder einem Stab festband. „Bedeutungslose“ Blätter, die im Alphabet nicht enthalten waren, dienten dazu, ein Wort vom nächsten zu trennen.
Blut: Die Bibel betrachtet Blut als wichtigstes Symbol der Lebenskraft. Der Name Adams bedeutet „Mensch, der aus Blut geschaffen ist“ oder „Lehm, der durch Blut belebt wurde“. In den meisten primitiven Mythen erschuf die Muttergöttin die ganze Welt, indem sie sie aus ihrer Urtiefe, ihrem kosmischen Schoß, herauspresste

 Chakras:


Es handelt sich um den uralten tantrischen Glauben, dass jeder menschliche Körper sieben von diesen mystischen „Lotuszentren“ enthält, die auf verschiedenen Ebenen entlang der Wirbelsäule liegen. Durch Meditation und richtige Atmung versucht der Schüler seine Kundalini-Kraft zu erwecken und sie durch seine „Lotuszentren“ nach oben zu ziehen. Die Energie, die dabei verwendet wird, läuft durch zwei miteinander verflochtene Kanäle auf beiden Seiten des Rückgrats – den lunaren und den solaren Kanal, die zusammen eine Doppelhelix rund um die Chakras bilden

 Donnerkeil:
 

In der Form des Donnerkeil-Zepters kann man die Elemente des indischen Dorje und des Blitz-Dreizacks erkennen, die von Zeus, Jupiter, Shiva, Donar (Thor) und anderen Sturmgöttern geschwungen wurden. Viele dieser Götter haben Namen, die
wie lautliche Nachahmungen des Donners klingen. Dreizackige Zepter erinnern an eine Vereinigung mit der Dreifachen Göttin. Man glaubte auch, dass die Gottheit des Donnerkeils beim Eintritt in die Erde das Leben lassen musste. Dieser Akt
der Selbstaufopferung spendete neues Leben. Von daher auch der hebräische Ausdruck abreq ad habra in der Bedeutung von „Schleudere deinen Donnerkeil, bis du tot bist“. Diese Phrase wurde zu einer der klassischen magischen Beschwörungsformel, dem bekannten Abrakadabra, verschliffen

 Drachenauge:
 

Das Drachenauge war eine beliebte Form für den Schliff von magischen Steinen, vor allem bei durchsichtigen oder durchscheinenden Kristallen, die in der Phantasie der Bevölkerung einem Drachenauge ähnelten. Wenn man längere Zeit ununterbrochen in ihr Zentrum blickt, so kann die Illusion von drei Dimensionen entstehen: Sie erscheint dann wie ein Tetraeder, das von oben oder von einer Seite aus betrachtet wird. Das Drachenauge enthält aber auch drei Dreiecke. Dieses Muster war der antiken Göttin in einigen ihrer neunfachen Gestalt geweiht, wie etwa den neun Musen. Diese Figur und einige Variationen davon tauchten oft in mittelalterlichen Zauberbüchern auf: Mit ihrer Hilfe konnte man
den Schutz weiblicher Geister anrufen.

 Elemente:
 

Am schwersten von den vier Elementen ist die Erde, sie sinkt zu Boden, wenn sie in einem Gefäß mit Wasser vermischt wird. Im Gegensatz dazu schwimmen Luftblasen im Wasser nach oben, und das Feuer steigt in der Luft auf und ist deshalb das leichteste Element.

Erde:  

Urd, Erda, Ertha, Hretha, Eortha, Nerthus, Erze, Urth, Artha, Edda, Heortha: das sind einige wenige Namen der Erde in den indoeuropäischen Dialekten, abgesehen von Namen wie Terra, Gaia, Rhea, Ops, Hel, Hera, Demeter, Europa und viele andere mehr. Die Erde ist die universelle
Muttergöttin, die am Ursprung aller Mythologien steht. Verehrung für die Erde als lebende Mutter war für die vorpatriarchalischen Gesellschaften charakteristisch, denn sie scheinen besser als die späteren, von Männern beherrschten Zivilisationen verstanden zu haben, wie wichtig die Erhaltung der Umwelt ist. Für mittelalterliche Hexen blieb die Erde eine Göttin. Die Häscher der Inquisition glaubten, dass gefangene Hexen unsichtbar werden und entfliehen könnten, wenn man ihnen erlaubte, die Erde zu berühren, oder wenn ein freundlich gesinnter Zuschauer ihnen einen Erdklumpen zuwarf.

Erdzeichen:

Auf der ganzen Welt entwickelten Menschen die Vorstellung, die Erde müsse vier Ecken, vier Sektoren, vier Himmelsrichtungen und einen durch das Kreuz markierten Mittelpunkt haben.

Faden:  

Der Faden war das übliche Symbol des Schicksals bei den Menschen, die die Dreifache Göttin als Schicksals-Göttin verehren. „Schicksalsgöttin“ war einer der Beinamen der prähellenischen Aphrodite. Sie war das Modell für die Moiren, die den Faden eines jeden Lebens spannen, maßen und durchschnitten.


Feder:
 

Federn waren im alten Ägypten von sakraler Bedeutsamkeit: Man glaubte, dass jede Seele nach dem Tod auf einer Waage gegen die Feder der Maat – die Mutter, deren Name „Wahrheit“ bedeutete – aufgewogen werde. So zeige sich dann, ob der oder die Verstorbene zu schwer von den Sünden belastet sei. „Leicht wie eine Feder“ bedeutete, der Schuldenlast enthoben zu sein. Federn waren auch Symbol des Luft-Elementes und natürlich der Vögel, die man im allgemeinen als reinkarnierte Seelen betrachtete.

Feuer:  

Als Symbol des Feuers tritt oftmals ein einfaches, nach oben zeigendes Dreieck beziehungsweise eine Pyramidenseite in Erscheinung, aber auch andere Formen wie etwa ein einfacher Kreis oder Flammen wurden dafür verwendet.

Granatapfel:

Der biblische Name dieser Frucht war rimmon, abgeleitet von rim („ein Kind gebären“). Diese Frucht galt wegen ihres roten Saftes und ihrer zahlreichen Kerne fast überall als Symbol des Schoßes. In Europa war der Granatapfel immer ein Attribut der Himmelskönigin Hera oder Juno. Der Tempel Unserer Herrin mit dem Granatapfel in der Nähe von Pästum zeigt noch immer die Madonna mit ihrem Kind in einer Hand und dem Granatapfel in der anderen, und sie wird genauso verehrt wie die antike Statue der Göttin, die in demselben Heiligtum mit ihrem Kind in einer Hand und dem Granatapfel in der anderen Hand saß.

Haar:  

In den östlichen Religionen besaß das weibliche Haar eine tiefe symbolische und spirituelle Bedeutung. Die tantrischen Weisen verkündeten, dass das Binden oder Lösen von Frauenhaar die kosmischen Kräfte der Schöpfung und
Zerstörung entfesseln konnte. Das Haar der Göttin Isis barg magische Kräfte des Schutzes, der Auferstehung und er Inkarnation. Für die Inquisition war es eine Sache der Selbstverständlichkeit, dass Hexen Stürme entfesseln konnten,
einfach indem sie ihr Haar lösten.

Hexenzauber:

Der Hexenzauber, auch bekannt als „magischer Knoten“, tritt in vielen
verschiedenen Formen auf – je nach der relativen Größe des Kreises zu den
vier ineinander verschlungenen Fischblasen. Wie es scheint, sind damit die vier
Windrichtungen unter weiblicher Kontrolle gemeint. Mit dem Begriff des magischen
Knotens war auch die mittelalterliche Überzeugung verbunden, dass Hexen die
Winde lenken, Stürme auslösen und das Wetter auf allerlei Weise beeinflussen könnten,
indem sie Knoten in Schnüren, Fäden oder in ihrem eigenen Haar schürzten. Der
Hexenzauber verwandelte sich in ein Schutzzeichen gegen böswillige Zauberei.
Dahinter verbarg sich wohl der Glaube, Feuer könne mit Feuer bekämpft werden.

Kamm:  

Der Kamm war ein außerordentlich
weibliches Symbol und wurde vor allem mit Wassergeistern assoziiert: mit
Meerjungfrauen, Sirenen, Nereiden und der Göttin selbst unter Namen wie Venus,
Salacia, Aphrodite Marina, Thetis und Thalassa. Göttin-Bilder tauchen immer
wieder in Volksmärchen und Balladen über die Meeres-Fee auf, die überrascht
wurde, während sie ihr Haar kämmte. Man glaubte, dass das Kämmen des
weiblichen Haares das Wetter beeinflusse. Von Hexen hieß es, dass sie Stürme
entfesseln konnten, wenn sie ihr Haar kämmten, ein Akt, der mit fallendem
Wasser assoziiert wurde.

Kelch:

 Die Symbolik des Kelches ist komplex, sie beginnt bei den
matriarchalen Bildern vom Gefäß des Schoßes und schreitet zu ihrer
patriarchalen Ersatzform weiter, dem blutgefüllten Kelch der Auferstehung. Das
lebenspendende Mondblut des Schoßes wurde zum Blut eines männlichen Wesens
umdefiniert, das natürlich sterben musste, um dieses Blut zu erzeugen. Gottes
Blutkelch verwandelte sich in einen Weinkelch, weil das Menschenopfer ekelhaft
und das Tieropfer teuer wurde. Wein war das Blut der Erde. Die rituelle Geste,
mit der der Kelch emporgehoben wird, wurde schließlich bei jedem Weinausschank
zur Gewohnheit, da man den eifersüchtigen Göttern ihren Anteil anbieten
musste, damit sie nicht ärgerlich oder rachsüchtig wurden. Bei den
mittelalterlichen Heiden, Hexen und alchemistischen Mystikern war der Kelch ein
universelles Symbol des Wasserelementes. In der keltischen Tradition
symbolisierte der magische Kelch aus dem Meer die Wahrheit. Man glaubte, dass er
zerbrechen würde, wenn drei Lügen über ihm ausgesprochen seien. Weihekelche
wurden für besondere Angelegenheiten wie Krönungen, Königshochzeiten und
Siegerfeste gegossen. Bis zum heutigen Tag gehört der Sieges-Cup oder
Sieges-Pokal ganz selbstverständlich zu Rennen und anderen Sportarten.

Kessel:

 Der Kessel war das wichtigste weibliche Symbol der
vorchristlichen Zeit, und deshalb assoziieren ihn die Christen ganz allgemein
mit Hexerei. Die ägyptische Hieroglyphe für die große Tiefe des Weiblichen,
den Schoß, der das Universum und die Götter hervorgebracht hatte, bestand aus
der Darstellung von drei Kesseln. Dieselben drei Kessel standen auch für die
weibliche Macht der kosmischen Schöpfung in der norwegischen Mythologie. Bei
den Kelten bewahrten die drei Matriarchinnen den magischen Kessel der
Wiedergeburt auf dem Grunde eines Sees (oder auch des Meeres). Von dort wurde er
dann durch Bran, den „Gesegneten“, heraufgebracht, um die in der
Schlacht erschlagenen Männer wieder zum Leben zu erwecken.

Knoten:  

Die weiblichen Künste des Webens, Strickens und Knotens galten
einst als magische Methode, um Wind und Wetter, Geburt, Tod und Schicksal zu
beeinflussen. Gewöhnlich betrachteten Menschen Knoten mit Ehrfurcht und
verwendeten sie in der Art eines Mandala als graphisches Symbol. Man glaubte
auch, dass Hexen auch andere Körperteile wie Kehle, Mund, Augen usw. Durch die
Magie des Knotens verschließen konnten.

Luft:
 

Das Elementsymbol der Luft wird auch als Symbol der Sonne oder des
Himmels im allgemeinen verwendet. Manchmal wurde es auch als eine Darstellung
des göttlichen Auges betrachtet. Viele Mythen auf der ganzen Welt sprechen von
einem Luftgott der Urzeit, der die Erde für lebende Wesen bewohnbar machte,
indem er den Vater Himmel von der Mutter Erde wegdrängte und sie beide
auseinanderhielt: Auf diese Weise entstand für Menschen und Tiere genügend
Raum um zu atmen. In der Antike glaubte man oft, dass Luft die Essenz der Seele
ausmache oder dass Seelen (Geister) aus derselben unsichtbaren Substanz bestünden
wie die Luft; und aus diesem Grund konnte ihre Gegenwart zwar wie der Wind
empfunden, aber nicht gesehen werden.


Magisches
Hexagramm:

Mittelalterliche Magier haben immer eine Vorliebe für
Flechtmuster gehabt, die aus einer einzigen, ununterbrochenen Linie bestanden.
Sie glaubten, dass solche Muster ihren Träger schützen könnten, weil sie
keine „Tore“ hatten, durch die böse Geister hätten eintreten können.
Das Pentagramm war wahrscheinlich das am weitesten verbreitete Flechtmuster,
aber auch das Hexagramm war durchaus angesehen. Allerdings besteht das Hexagramm
aus zwei Dreiecken, die voll und ganz voneinander unabhängig sind. Da hier
nicht eine einzige ununterbrochene Linie zustande kam, erfand man deshalb eine
„magische“ Version, bei der eine einzige Linie die sechs Punkte des
Hexagramms so miteinander verbindet, dass die Linie kein einziges Mal
unterbrochen wird.

Magisches
Quadrat:

 Bevor es in Form des Tik-Tak-Toe-Spiels zu einem Freizeitspaß für
Schulkinder wurde, hieß es Saturn-Quadrat und wurde als geheimnisvoll und
magisch betrachtet, weil seine Zahlen in jeder waagerechten und senkrechten
Reihe wie auch in den beiden Diagonalen immer dieselbe Gesamtsumme ergeben. Das
magische Quadrat war in der Numerologie des Mittelalters von Bedeutung. Man
verwendete es oftmals als Amulett und war der Meinung, dass es mystische
Offenbarungen über die Welt der Natur in sich trägt.

Meer:

Ein ägyptischer Name für die mütterliche Tiefe oder den gebärmutterartigen
Abgrund, aus dem das Universum geboren war, lautete emu. Es gibt noch viele
andere Namen für das mütterliche Meer, wie etwa: Thetis, Paladia, Aphrodite
Marina und ihre Abwandlungen Mari, Mara, Marga und die Mutter Maria mit dem
blauen Mantel und dem Perlenhalsband. Das mütterliche Meer war ein universelles
Emblem für Geburt und Wiedergeburt.

Mondkreuz:

 Als magisches Schutzzeichen verteidigt das Mondkreuz sein Zentrum, indem es
seine Mondsicheln nach außen kehrt. Dieses Zeichen wurde von nordeuropäischen
Schamanen verwendet, die in den vier Mondsicheln die vier Phasen des Mondes oder
– je nach Jahreszeit – die vier Positionen des Mondes am Himmel gesehen
haben können.

Name:  

Von allen Symbolen, die erfunden wurden,
sind Namen wahrscheinlich die wichtigsten. Dinge zu benennen ist in vielen
archaischen Schöpfungsmythen der eigentliche Schöpfungsprozess. Menschen Namen
zu geben bedeutete oftmals, dass man ihnen Leben oder Seele verlieh. Die Ägypter
beteten zu „Isis mit den Zehntausend Namen“, und in Indien wurde die Göttin
„Kali mit den Tausend Namen“ verehrt. Von den berühmten
„neunundneunzig geheimen Namen“ Allahs ist die Mehrzahl weiblich oder
beschreibt weibliche Charakterzüge. Dasselbe trifft auch auf die „geheimen
Namen Gottes“ zu, die normalerweise auf bescheidenere 72 beschränkt
werden.

Neunfache
Göttin:
 

Wie der Stern der Musen erinnert der der Neunfachen Göttin an
viele andere heilige weibliche Neunheiten in Mythologie und Volksbräuchen. Das
Zeichen besteht aus einer einzigen ungebrochenen Linie.

Penelopes
Gewebe:

 Dies ist ein interessantes Muster aus zehn kleinen Pentagrammen, die
um ein zehnspeichiges Rad im Zentrum angeordnet sind. Alle Fünfzacke zusammen
bestehen aus nur zwei Linien. Dies ist ein Schutzemblem, genauso wie der
einfache Fünfzackstern. Die mythologische Gestalt der Penelope ist in
besonderer Weise mit Schutz und Bewahrung assoziiert, denn sie war es, die sich
durchgängig geweigert hat, den Faden des Lebens durchzuschneiden, der das Leben
ihres Gatten Odysseus in all seinen Abenteuern erhalten hat.

Pentagramm:

Das Pentagramm hat viele neue Namen
erhalten: Pentalpha, Salomons Siegel, Stern der Zauberer, Teufelszeichen,
Hexenkreuz, Koboldsfuß oder Drudenfuß. In den alten Zeiten stand das
Pentagramm für Leben oder Gesundheit. Es leitet sich von dem
Apfelkern-Pentagramm der Erdmutter ab. Das Pentagramm war u.a. der keltischen
Todesgöttin Morgan heilig, ist noch immer das Zeichen des Erdelementes im
Tarot, stellt ein fortlaufendes, „torloses“ Schutzzeichen dar und während
des Mittelalters hieß es auch, dass Hexen und Heiden sich mit Pentagramm
segneten, anstatt das Kreuzzeichn zu schlagen. Von daher rührt denn auch der
Name „Hexenkreuz“.

Runen:

Unter den Heiden Nordeuropas waren Frauen die traditionellen Wächterinnen
der Runenmagie. Der Gott Odin musste das Wissen um die Runen durch
Selbstopferung erwerben, indem er neun Tage und Nächte vom Weltenbaum hing und
ein Auge hingab. Runen haben niemals gekrümmte Linien oder Kreise verwendet.
Sie bestanden immer aus geraden Linien und scharfen Winkeln, weil sie aus Holzstücken
geschnitzt waren, die zum Zwecke der Weissagung wie Würfel geworfen wurden.
Diese Runenpraxis, „die Runen werfen“, war weissagenden Frauen
vorbehalten und wurde deshalb in den Köpfen der männlichen Autoritäten des
Mittelalters unausweichlich mit Hexerei assoziiert.

Schleier:

Der Schleier wurde von der Göttin getragen, und zwar vor allem
in ihrem Greisinnen-Aspekt, der das zukünftige Schicksal symbolisierte. Die
Menschen der Antike glaubten, dass ein Blick hinter den Schleier oftmals den
Anblick des eigenen Todes bedeutete. Schleier wurden vormals von Witwen gewoben
und es hieß, dass dieser die alte Frau vor dem Angriff aus der Geisterwelt
beschützen könne, in die ihr Ehemann eingegangen sei. Dann wurden Bräute
verschleiert, weil man glaubte, dass sie in diesem Übergangsstadium ihres
Lebens besonders verletzlich für böse Einflüsse seien.

Schnur:

 Die mythischen Verbindungen der Schnur beziehen sich auf die
Nabelschnur. Ariadnes Faden, der den Theseus durch das Labyrinth (in die
Dunkelheit und wieder ans Licht) führte, stellte die Reise der Wiedergeburt
dar. Schnüre führten Eingeweihte durch künstliche Unterweltreisen in die
Finsternis von Höhlen oder unterirdischen Tempeln, den „Fegefeuern“
des keltischen Heidentums. In der ägyptischen Unterwelt symbolisierten magische
Schnüre mit oder ohne Knoten die Bindekraft des matriarchalen Gesetzes. Einige
Engel trugen „Gesetzesschnüre“, die ihren Gehorsam gegenüber der
Mutter Maat ausdrückten. Der Gott Ra sagte: „Ihr Gesetz ist die Schnur in
Amentet.“ Auch Hexen gebrauchten Schnüre mit Knoten, um das Wetter oder
sonst irgend etwas, das sie magisch „binden“ wollten, zu fesseln.

Schutzkreuz:

 Dies ist eine Runenfigur, die von isländischen Magiern verwendet wurde. Wie das
Mondkreuz, dem es ähnlich sieht, „verteidigt“ das Schutzkreuz
offensichtlich das Zentrum mit drohenden Hörnern oder Dreizack-Endungen, die
sich in allen vier Richtungen nach außen kehren. Die Querlinien auf den
Schenkeln des Kreuzes sind ein symbolisches Kürzel dafür, dass der Durchgang
irgendeiner Wesenheit oder Kraft blockiert, abgewehrt oder verhindert wird; und
so „bewacht“ das Schutzkreuz sein Zentrum auf doppelte Weise.

Schwelle:

 Der Bauch, eine Braut über die
Schwelle zu tragen, hat tiefe Wurzeln in Magie und Aberglauben. Wie der
„Riss zwischen den Welten“, so war auch die Schwelle ein Ort des Überganges
zwischen Innen und Außen. Man glaubte, dass sich an diesem Ort Geister
versammelten und dass es deshalb gefährlich für einen Fremden sei, ihn zu
passieren. Oft begrub man Wachhunde unter ihr, die dann als Geisterhunde das
Haus noch wirksamer schützen würden.

Sefirot:

 Die Sefirot sind die zehn Qualitäten des Mystischen Baumes, und sie stehen als
wichtigster Lehrinhalt im Zentrum des kabbalistischen „Sefer ha-Zohar“
(„Buch des Glanzes“). Der Mystische Baum stand für die „Welt der
Einheit“, und damit war der Prozess des Lebens gemeint, der von der Göttlichkeit
in die gesamte Schöpfung einfloss, um wieder zur Göttlichkeit zurückzukehren.
In absteigender Reihenfolge sind die Sefirot wie folgt auf dem Baum angeordnet:
1) Keter oder Keter Elyon, die Höchste Krone; 2) Hochmah, die
Weisheit, der Beginn; 3) Binah, die Intelligenz, das Verständnis, die Höchste
Mutter des kosmischen Schoßes; 4) Chesed, Liebe, Gnade; 5) Gevurah,
Macht, Strenge; 6) Rahamin, Mitgefühl bzw. Tiferet, Schönheit;
7) Netzach, Ausdauer, Sieg; 8) Hod, Glanz, Majestät; 9) Jesod,
Grundlage und 10) Malkut,, das Königreich der Erde, das mit Gottes
Gemahlin, der Schechina, gleichgesetzt wurde.

Sonnenzeichen:

In der ältesten Symbolik stellte
der Kreis, der einen Punkt in der Mitte umschloß, den Urschoß dar, der den
Funken der Schöpfung enthielt. Es wurde auch vermutet, dass dieses Sonnezeichen
entstanden sein könnte, als man kreisförmige Linsen verwendete, um Sonnenlicht
auf Zündhölzer zu bündeln und sie dadurch in Brand zu setzen. In frühen
Zeiten wurde dieser Vorgang als „das Herabziehen der Sonne“ oder als
„Feuer vom Himmel“ bezeichnet.

Spinne:

 Die Große Göttin in den Mythen wird mit der Spinne in
Verbindung gebracht. Die vorhellenische Athene trug als Spinnerin des Schicksals
einstmals den Namen Arachne – eine Spinneninkarnation. Die Dreifache Göttin
erscheint in drei Funktionen: Sie spinnt, misst und durchtrennt den Lebensfaden.

Spirale:

 Sowohl die Einzelspirale als auch die Doppelspirale gehören zu
den heiligsten Symbolen des neolithischen Europa. Sie war mit der Vorstellung
von Tod und Wiedergeburt verbunden: mit dem Eintritt in den geheimnisvollen Schoß
der Erde, dem Vordringen bis zu seinem Mittelpunkt und dem Verlassen des Schoßes
auf demselben Weg.

Swastika:

 Die Swastika hat ihren Namen von dem Sanskrit-Ausdruck für „So sei
es!“, also dem „Amen“. Als religiöses Emblem taucht sie weltweit
seit mindestens 10000 v.Chr. auf. Sie erscheint auf der ältesten indischen Münze,
auf Bildern des Buddha in Japan und auf griechischen und römischen
Darstellungen der Großen Göttin. Eine Swastika, deren Arme in Richtung des
Uhrzeigersinns wiesen, betrachtete man im allgemeinen als Sonnenemblem. Wenn
ihre Arme gegen den Uhrzeigersinn gerichtet waren (sauvastika), so stellte sie
den Mond, die Nacht und das weibliche Prinzip dar.

Tattvas:

Die tattwas sind eines von mehreren hinduistischen Systemen zur
Klassifizierung der Elemente. Das Wasser erscheint als silberne Mondsichel (apas).
Die Luft ist ein blauer Kreis (vayu). Das Feuer ist ein rotes Dreieck (tejas).
Die Erde ist ein gelber Rhombus oder ein Quadrat (prithivi). Das fünfte
Element, der Geist – der dem griechischen Äther entspricht –, ist ein
schwarzes oder indigofarbenes Ei und heißt akasha oder
„Leere“. Die Namen der Tattvas sind auch die Namen von verschiedenen
Gottheiten, die man einzeln anrufen kann, wenn man ihren Gaben bedarf.

Triquetra:

Die Triquetra ist ein antikes Symbol der weiblichen Dreifaltigkeit. Sie besteht
aus drei yoniförmigen Fischblasen, die so miteinander verflochten sind, dass
aus ihnen die „türlose“ Version dieses Musters entsteht, die immer
als magischer Schutz galt. Manchmal waren die drei Fischblasen durch einen
weiteren äußeren Kreis noch mehr verflochten.

Udjat:

Das ägyptische Symbol des heiligen Auges – die udjat – war zu verschiedenen
Zeiten das Auge der Maat, des Horus, des Thoth oder auch des Ra. Wahrscheinlich
kamen die männlichen Götter chronologisch später, denn Maat war das ursprüngliche
Alles-sehende-Auge und die Mutter-der-Wahrheit. Ihr Name leitete sich von dem
Zeitwort für „sehen“ ab. Man glaubte, dass sie vor allen möglichen
Arten von Übel schützten. Schiffer rund um das Mittelmeer glauben, dass ein
udjat-ähnliches Auge auf ihr Boot gemalt werden muss, damit es seinen Kurs
nicht verliert.

Unendlichkeitszeichen:

Das mathematische Symbol
für Unendlichkeit kam durch die „arabischen“ Ziffern in den Westen,
aber Entstehungsort ist Indien, nicht Arabien. In der indischen Religion stand
dieses Zeichen für Unendlichkeit oder Ganzheit, weil es aus zwei Kreisen
besteht, von denen der eine im Uhrzeigersinn, der andere gegen den Uhrzeigersinn
verläuft. Der rechte, männliche, solare Kreis ist mit dem linken, weiblichen,
lunaren Kreis verbunden

Wunschbrunnen:

Der Wunschbrunnen ist ein Runenzauber aus Island, der offensichtlich einem
lunaren Zusammenhang entspringt, denn die vier „Schüsseln“, die aus
dem Brunnen schöpfen, sind Sichelmonde. In Island haben sich matriarchale
Symbole und Bräuche länger als irgendwo sonst in Europa erhalten. Quellen und
Brunnen aller Art wurden traditionellerweise von Priesterinnengruppen bewacht,
instand gehalten und verehrt. Einen Wunsch auszusprechen und dann dem Brunnen zu
opfern war eine Art von Gebet, das man an die im Brunnen wohnende Wassergöttin
richtete.

Zauberstab:

Die Zauberstäbe der Hexen hat man
sich in vielerlei Formen vorgestellt. Dabei ist er ganz einfach eine andere
Ausgabe des magischen Stabes der Macht. Der Stab ist ein Archetypus, der
wahrscheinlich bis in prähistorische Zeiten zurückreicht, als Menschen zum
ersten Mal Werkzeuge verwendeten. Der Zauberstab ist das Werkzeug der
Transformation. Er symbolisiert das Element Feuer. Man verwendet ihn für
Liebeszauber und kann ihn auch benutzen um Kreise zu ziehen. Er dient zur
magischen Arbeit mit der Willenskraft.

Zeichen
der Unterwelt:

In der Sprache der ägyptischen Hieroglyphen stand dieses
Zeichen für die Tuat, das unterirdische Reich der Toten. In weiterer Definition
stand es auch für den Unterweltsaspekt der Göttin, die verschiedentlich
Nephthys, Maat oder auch Hekate, die alte weise Frau und Hebamme, genannt wurde.
Embleme mit fünf Sektoren bezogen sich im allgemeinen auf eine weibliche
Gottheit.

 

 

Sator-Arepo-Formel

Im Mittelalter sehr weit verbreitet und schon aus der
Antike bekannt war diese Formel, die, auf einem Zettel notiert, einem Amulett
oder Talisman beigelegt wurde. Sie stellt ein magisches Quadrat dar:

S A T O
R
A R E P O
T E N E T
O P E R A
R O T A S

Die Formel kann in vier Richtungen gelesen werden:
Zeilenweise oben beginnend von links nach rechts oder unten beginnend von rechts
nach links gelesen ergibt sich der gleiche Text wie spaltenweise links beginnend
von oben nach unten oder rechts beginnend von unten nach oben.
Wörtlich bedeutet die Formel “Der Sämann Arepo (Eigenname?) hält mit Mühe
die Räder”. Wegen der weiten Verbreitung – erstmals bezeugt ist die Formel 79
n.Chr. – wurde allerdings viel über eine verschlüsselte Bedeutung spekuliert:

PETRO ET REO
PATET ROSA SARONA (dem Petrus, obwohl er der Schuldige ist, steht die saronische
Rose offen)

SAT ORARE
POTEN(TER) ET OPERA(RE)
RA(TI)O T(U)A S(IT)

(Lebensregel der Benediktiner, in Klammern die Buchstaben, die die Formel nicht
enthält)

Eine weitere Deutung besagt,
dass die Formel eine Spielerei mit den Namen der drei hl. Könige sei:

ATOR, SATOR, PERATORAS

 

Ein weiteres bekanntes magisches Quadrat stellte im
Mittelalter das folgende dar:

S A T A
N
A D A M A
T A B A T
A M A D A
N A T A S

Weitere Verwendung
fanden neben Buchstaben- auch Zahlenquadrate (“Hexen-Einmaleins”) sowie
biblische Textstellen, die oft mit christlichen oder magischen Zeichen wie Pentagrammen
ergänzt wurden.

 

 

 

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